Boker tov, Haifa

15Juni2022

Heute macht sich der Bus mit den 29 Unentwegten auf Richtung Norden. Haifa liegt etwa 120 Kilometer von Jerusalem entfernt und ist der Standort unserer Partnerschule, der Reali School Beit Biram. Die Schule hat in ganz Israel einen sehr guten Ruf, hat sie doch im Laufe ihres gut 100jährigen Bestehens zahlreiche Armeegeneräle und Panzerkommandanten hervorgebracht. Das zählt viel in diesem militärverrückten Land, in dem alle jungen Leute ab 18 für mindestens zwei Jahre den Wehrdienst ableisten müssen.

Jungs sind sogar drei Jahre zum Dienst an der Waffe verpflichtet. Manche treten sogar schon mit 16 in den Dienst der IDF (Israeli Defense Forces) ein und gehen auf eine Kadettenschule, um später die höhere Offizierslaufbahn einschlagen zu können.

Eine solche "Schule", die "Military Academy", liegt nicht ohne Grund direkt neben der Reali School. Hier gibt es eine Kooperation zwischen Schule und Akademie. Die jungen Kadetten lernen zusätzlich zum regulären Unterricht noch alles über  den Dienst an der Waffe, "Leadership" (=Menschenführung) und Taktik.

Das alles erfahren unsere Reisenden von zwei smart uniformierten jugendlichen Mitgliedern der IDF. Diese beiden sind wiederum Teil des Empfangskomitees, das uns zuvor am erstaunlich gut gepanzerten Reali Schultor empfangen hat. Mit einem guten Dutzend Reali-Schülerinnen und Schülern sitzen die bischöflichen Besucherinnen und Besucher zusammen in einem Raum und unterhalten sich über deutsche und jüdische Themen aus Vergangenheit und Zukunft. Etwas Sport, eine Prise Musik, die Corona Pandemie und ihre Auswirkungen auf das schulische und private Leben - eben, was die jungen Leute so interessiert.

Reali-Lehrerin Regina hat die israelische Schülerinnen- und Schülergruppe prima zusammengestellt, trotz ihres Zeugnis- und Prüfungsstresses. In gut drei Stunden direkter Begegnung zwischen Lehrerinnen, Lehrern, Schülerinnen und Schüler aus beiden Ländern wird hier die Basis für das Fortbestehen der Schulpartnerschaft gelegt. Als auch noch unsere Israel-Austausch Veteranen von ganz früher die Szene betreten, meint man fast, dass da "von oben" jemand die Hand im Spiel hat. Und damit sind nicht die Schulbehörden gemeint. Wie aus dem Nichts taucht plötzlich unser israelischer Kollege Yehuda Lahav auf und begrüßt die deutsche Delegation.

Fast zeitgleich, aber nicht abgesprochen, meldet sich per Messenger Chat Josef Breuers von seiner Couch in Meerbusch und zeigt sich hocherfreut über jede Menge bekannter Gesichter und Bilder aus dem Lehrerzimmer der Reali School, in dem er seit 2007 so oft erlebt hat, wie wunderbar und unkompliziert junge Menschen aus verschiedenen Kulturen miteinander klar kommen. Liebe eifrige Leserin und lieber Leser dieses Chats. Zur Erklärung sei gesagt: ohne Josef Breuers gäbe es keinen Israel Austausch und wir wären alle heute nicht hier.

"See you in Spring" - so verabschieden sich die Gruppen voneinander. Die Schülerinnen und Schüler haben längst ihre Whatsapp Freundesliste ergänzt und bleiben auch noch bei der anschließenden Busfahrt (und hoffentlich darüber hinaus) in Kontakt.

Unser Bus färt uns durch die blühende Landschaft von Galiläa Richtung Tiberias am See Genesaret. Die Mitreisenden sind sich angesichts der Blütenpracht einig: Jesus hatte einen guten Geschmack, wenn es um die Wahl seines Wohnortes ging.

Auf dem Berg der Seligpreisungen genießen wir die fantastische Aussicht auf den total blauen See und die Kirche, die den Ort der Bergpredigt markiert. Selig sind die Reisenden, denn sie werden die Welt besser verstehen. Das ist zwar keine überlieferte Seligpreisung, passt aber trotzdem.

Die Reiseleitung mahnt zur Eile und so bewegt sich der Bus flugs nach Kapernaum (Kafarnaum), das nur ein paar Kilometer weiter direkt am Seeufer liegt. Der See übt angesichts der Mittagstemperaturen von knapp 40°C eine magische Anziehunskraft aus. Luise macht noch schnell den Test, ob eine Überquerung des Sees zu Fuß Sinn macht und möglich ist. Das soll ja vor 2000 Jahen schonmal geklappt haben. Leider bleibt mal wieder kaum Zeit, den Standort Kapernaum genuer zu inspizieren. Das Haus des Petrus  - in dem Jesus zeitweise mitgewohnt hat- ist eindeutig zu erkennen und auch die Synagoge, in der Jesus schon als Knabe die Schriftgelehrten zur Verzweiflung brachte, ist hier noch vorhanden.



Weil der See bei der Gruppe besser ankommt als die eigentlichen Ausgrabungen, kurven wir schnell weiter um den See herum, befahren die Ostseite des Ufers ud erreichen Yardenit am Jordan. Hier soll Johannes den jungen Jesus getauft haben. Was für Jesus funktioniert hat, kann auch heute nicht anz falsch sein. Unter diesem Motto handelt eine Gruppe amerikanischer Freikirchler und tauft, was das Zeug hält. Jeder Täufling wird nach vorne ins Wasser zitiert und dann unter Applaus untergtaucht. Gerne verschwiegen wird die Tatsache, dass die Taufstelle nachweislich nicht die Stelle gewesen sein kann, an dem Johannes der Täufer Jesus getauft hat.



Schließlich rauscht der Bus wieder zurück nach Jerusalem, dieses Mal über die Route 90, entlang der jordanischen Grenze.